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Tätigkeitsmerkmale

Der Begriff Diplomatik bedeutet "Urkundenkritik"; es ist die Wissenschaft, die sich der Bedeutung und Besonderheit von historischen Urkunden und Akten widmet.

DiplomatikerInnen befassen sich diesbezüglich mit deren Untersuchung und Interpretation. Sie sind ForscherInnen (meist HistorikerInnen), die sich mit der Herkunft, Echtheit, Überlieferung und den historischen Wert von Rechtsurkunden beschäftigen.

Zum Nachweis der Authentizität (Unverfälschtheit) eines Schriftstückes wenden sie Methoden zur Feststellung von Echtheit oder Fälschung an: Sie führen die Analyse bestimmter Merkmale durch, wie etwa Papierbeschaffenheit, Tinte und Kanzleimäßigkeit. Unter Kanzleimäßigkeit versteht sich der Grad der Beteiligung öffentlicher Personen sowie formelle Merkmale, welche die gerichtliche Geltung einer Urkunde bezeugen (Registriervermerke, Besiegelung, Ziffernvermerke).

DiplomatikerInnen stellen die Kanzleimäßigkeit anhand dieser Merkmale exakt fest. Einer Urkunde wird einer bestimmten Kanzlei zu einer bestimmten Zeit zugeordnet um ihre Echtheit zu bezeugen. Urkunden dienen als wertvolle Zeugnisse der Geschichte weil Ereignisse und Vorgänge direkt dokumentiert wurden. Sie werden eingeteilt in Kaiser- und Königsurkunden, Papsturkunden und Privaturkunden (z.B. Fürstenurkunden und Bischofsurkunden).

Als Beispiel für eine gefälschte Urkunde kann hier die berühmte "Konstantinische Schenkung" angeführt werden, welche die Herrschaftsrechte durch eine angebliche kaiserliche Schenkung an einen Papst aus dem 4. Jahrhundert vorgeben sollte.

Zu den historischen Hilfswissenschaften gehören auch die Berufe ChronologIn, GenealogIn, HeraldikerIn, NumismatikerIn und PaläografIn.

  • Genauigkeit
  • Gute Allgemeinbildung
  • Organisationsgeschick
  • Umgang mit Software: Analysetools

 

Neben Fachwissen sind vor allem systematisches und konzeptuelles Denken, sprachliches Ausdruckvermögen) und falls eine Spezialisierung auf bestimmte Kulturkreise erfolgt (z.B. Afrika, Asien) entsprechende Fremdsprachenkenntnisse nötig.

Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen in Instituten für Geschichtsforschung bzw. Forschung und Lehre an Universitäten, im Verlagswesen und Medienbereich, in Bibliotheken, Museen und Archiven, in der Denkmalpflege, im Rahmen von Projekten, etwa bei Ausgrabungen, zum Teil auch bei außeruniversitären Bildungseinrichtungen (Volkshochschulen, Erwachsenenbildung) und im Kulturtourismus.

Der Begriff "Diplomatik" erschien erstmals im jahr 1681 und war zunächst eine juristische Disziplin, da die Bekämpfung von Fälschungen im Vordergrund stand; Erst später wurde sie dem Bereich der Geschichtswissenschaft zugeordnet. Diplomatik befasst sich heute zusätzlich mit Kanzleigeschichte und wirtschaftsgeschichtlichen Fragen.

Quellen- und Urkundenkritik wurden bisher als Königsweg für das Verständnis des Mittelalters angesehen. Nach dem sogenannten "linguistic turn" zu Anfang des 20. Jahrhunderts waren Urkunden keine beliebigen "Texte" mehr, sondern Rechtsdokumente, welche als verläßliche Zeugen der Vergangenheit anerkannt waren.

Derzeit noch mangelnde Perspektiven:

Außerhalb von Paris, Wien und Prag sind die historischen Hilfswissenschaften nur geringfügig an Instituten vertreten. In Österreich werden sie nicht eigenständig sondern nurmehr als Fach oder Modul an Universitäten im Rahmen des Studienganges "Geschichte" geführt. Österreich und Frankreich führen Institute für Geschichtsforschung. In Italien und Spanien gibt es jedoch viel mehr Ordinariate und Assistenzprofessuren.

Allerdings besteht der Trend zu allgemeinen Online-Publikationen, anhand von digitalisierter Primärquellen in verschiedenen Fassungen und Überlieferungen. Mit entsprechender Urteilsfähigkeit und Ausbildung kann daher eine Position als Editor bzw. als Quellen- und UrkundenkritikerIn ("Discrimen veri ac falsi": Unterscheidung des Wahren vom Falschen) angestrebt werden.

Berufliche Entwicklungsmöglichkeiten bestehen bis hin zur forensischen Analyse von (modernen) Schriften z.B. Handschriftvergleichung und Graphologie.

Die Diplomatik blickt zudem vergleichend auf andere Kulturen. Im Rahmen der Erforschung von Rechtsurkunden gibt es nach wie vor einige Projekte - in Zusammenarbeit mit Fachleuten z.B. aus der Paläografie und Archäologie.

Stellenangebote im "eJob-Room" (Internet-Stellenvermittlung des AMS):

Der folgende Link führt zum Abfrage-Formular des eJob-Room für das Berufsbündel "KulturwissenschafterIn", dem der Beruf "DiplomatikerIn" zugeordnet ist. Im Formular können Sie dann noch das Bundesland und den Arbeitsort und andere Kriterien auswählen; nach einem Klick auf "Weiter" erhalten Sie die Stellenangebote.

offene Job-Angebote

Die Fächer Handschriftenkunde, Buchwesen und Urkundenlehre sind in der Studienrichtung "Geschichtsforschung, Historische Hilfswissenschaften und Archivwissenschaft" enthalten (Masterstudium, Uni Wien).

Eigenständige Wissenschaften mit Bezug zur Diplomatik sind Kunstgeschichte, Archäologie, Vergleichende Literaturwissenschaft, zum Teil auch Soziologie (Gesellschaftslehre) und Rechtswissenschaft.

Siehe auch den Beruf HistorikerIn.

Ergebnisse aus dem Ausbildungskompass:

Es gibt Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, z.B. Kurse und Lehrgänge in den Bereichen Bibliothekswesen, Dokumentation, Geschichtsforschung, Materialkunde, Archivwissenschaft, Vergleichende Lite­raturwissenschaft, Linguistik, Sprachanalyse.

Zudem befassen sich DiplomatikerInnen auch mit Sphragistik (Siegelkunde), Heraldik (Wappenkunst) und mit Phaleristik (Ordenskunde und Ehrenzeichenkunde).

Ein weiteres interessantes Gebiet ist die in der epigraphische Analyse von Schriften bzw. Inschriften auf Grabsteinen und Textilien (Zeichensequenzen, Bildstickerei im Klosterstich) und Materialkunde als Ergänzung zur Literaturkunde.

Infos über aktuelle Forschungsprojekte bietet z.B. die Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät der Uni Wien.

DiplomatikerInnen können z.B. als ProjektleiterIn oder GeschäftsführerIn in (genealogischen) Büros, Historienkanzleien, Archiven oder an Forschungsinstituten tätig sein oder bei der autographischen Sammlung handschriftlicher Zeugnisse von berühmten historischen Persönlichkeiten. Projekte bieten sich zum Teil auch im Rahmen der Familienforschung - im Zusammenhang mit der Erlangung des Nachlasses.

Es bietet sich ein breites Spektrum an Arbeitsansätzen, die noch weiterentwickelt werden. Dazu zählt insbesondere die Entwicklung und Nutzung von entsprechenden Computerprogrammen - auch zur Checkfälschung und zur forensischen Schriftuntersuchung von Handschriften.

Bei entsprechender Zusatzqualifikation kann eine leitende Tätigkeit in/für größere Anwaltsbüros angestrebt werden. Ein Beispiel ist die Überprüfung von Forderungen um ungerechtfertigte Ansprüche abzuwehren (z.B. Übertragungsurkunden, Testamente). Bei entsprechender Qualifikation können sie die Besorgung entsprechender Beweismittel sowie deren Übersetzung und Beglaubigung übernehmen.

Fachleute können zudem beim Aufbau und der Pflege von Lexika, Datenbanken und Online-Bibliotheken tätig sein. Beratend können sie - auch freiberuflich -bei der Entwicklung von Software für Anwendungen in der Diplomatik mitwirken.

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