Berufslexikon Spezial: Glücklich und gesund im Beruf: Was Arbeitszufriedenheit ausmacht
Maya G. arbeitet im Marketing einer Umwelt-NGO. Sie plant Kampagnen, die Aufmerksamkeit schaffen und Haltung zeigen. Zu wissen, dass die eigene Arbeit zum Klimaschutz beiträgt und Positives bewirken kann, ist für Maya zentral. Ebenso wichtig sind ihr Flexibilität und eine klare Grenze zwischen Arbeit und Freizeit – der freie Nachmittag fürs Bouldern soll genauso selbstverständlich sein wie das Homeoffice am Freitag. Flache Hierarchien, nette KollegInnen und echte Entwicklungsmöglichkeiten geben Maya das Gefühl, beruflich am richtigen Ort zu sein.
Wenn Georg B. auf seine berufliche Laufbahn zurückblickt, erfüllt ihn Stolz. Sein gesamtes Berufsleben war er als Konstrukteur in einem großen Maschinenbauunternehmen tätig, arbeitete durchgehend in Vollzeit und nutzte viele Corporate Benefits – vom Firmenwagen über Boni bis zu Sportkursen. Nächstes Jahr kann er in Pension gehen, er will aber darüber hinaus projektbasiert weiterarbeiten. Die Anerkennung des Unternehmens und die Wertschätzung seiner Expertise motivieren ihn – auch den vertrauten Büroalltag will er noch nicht von einem Tag auf den anderen ganz aufgeben.
Maya G. und Georg B. vertreten unterschiedliche Generationen. Während für die Gen Z Sinnhaftigkeit, Work-Life-Balance, Flexibilität und eine gute Unternehmenskultur zentrale Faktoren für die Arbeitszufriedenheit sind, zählen für viele VertreterInnen der Babyboomer Status, Sicherheit und Stabilität. Trotz unterschiedlicher Generationen oder Prioritäten teilen die meisten Menschen gemeinsame berufliche Bedürfnisse: Sie wollen in ihrer beruflichen Tätigkeit Anerkennung erfahren, sich in ihrem Arbeitsumfeld wohlfühlen und das Gefühl haben, dass ihre Arbeit etwas bedeutet – ob für das Unternehmen, die Gesellschaft oder für das eigene Leben.
Arbeitszufriedenheit in Österreich
Doch wie stark werden diese Bedürfnisse in der Realität erfüllt? Wie zufrieden sind Österreichs ArbeitnehmerInnen – und anhand welcher Kriterien lässt sich berufliche Zufriedenheit überhaupt messen? Der Arbeitsklima Index der Arbeiterkammer Oberösterreich liefert dazu regelmäßig ein umfassendes, vieldimensionales Stimmungsbild. Klar zeigt sich: Geld allein macht nicht glücklich.
Aktuelles Arbeitsklima in Österreich
Natürlich trägt ein gutes Einkommen zur Zufriedenheit bei. Allerdings sind nur 6 von 10 Beschäftigten in Österreich mit ihrem Einkommen zufrieden. Differenzierter betrachtet steigt die Einkommenszufriedenheit mit dem Alter sowie mit dem Bildungsabschluss. Nach Geschlecht sind mehr Männer (63 %) mit dem Einkommen zufrieden als Frauen (58 %).1
Die Gesamtzufriedenheit laut Arbeitsklima Index liegt im Dezember 2025 bei vergleichsweise niedrigen 102 Punkten. Zur Einordnung: Die Zufriedenheit erreichte im Jahr 2019 einen Höchstwert von 109 Punkten, vor 10 Jahren lag sie noch bei 107 Punkten. Der Arbeitsklima Index errechnet sich aus vier Teilindexen. Das Einkommen fällt in den Teilindex Arbeit, der auch Faktoren wie Zeiteinteilung, Stress oder Isolation am Arbeitsplatz abbildet. Der Teilindex Betrieb zeigt die Zufriedenheit mit der wirtschaftlichen Zukunft, dem Image, den Sozialleistungen und dem Führungsstil des Unternehmens. Beide Teilbereiche liegen derzeit auf einem Tiefststand (Teilindex Betrieb: 68 Punkte, Teilindex Arbeit: 71 Punkte).
Darüber hinaus gibt es noch einen Teilindex zu gesellschaftlichen Rahmenbedingungen (im Detail: Optimismus für die Gesellschaft, gesellschaftlicher Status), der zuletzt eher niedrige Werte aufwies, sich nun aber wieder erholt hat – und einen weiteren zu Karriereerwartungen und Arbeitsmarktchancen. Der Teilbereich „Erwartungen“ zeigt sich stabil.2
Was wirkt sich negativ auf die Zufriedenheit aus?
Drei Viertel der im Rahmen der Arbeitsklima-Erhebung Befragten geben aktuell an, mit ihrer beruflichen Tätigkeit insgesamt sehr zufrieden bzw. zufrieden zu sein. Deutlich wird jedoch: Arbeitsbelastungen wirken sich negativ auf die Zufriedenheit im Beruf aus. Besonders stark schlagen sich schlechte Gesundheitsbedingungen sowie Einsamkeit oder Isolation nieder. Auch Zeitdruck wird vielfach als Belastung empfunden: Von den Beschäftigten, die unter Zeitdruck leiden, sind 67 Prozent mit ihrer Arbeitssituation zufrieden; ohne diese Belastung sind es allerdings 78 Prozent. Weitere Negativ-Faktoren sind psychische Belastungen – beispielsweise ein Gefühl des Nicht-Abschalten-Könnens – und körperliche Beschwerden. Je mehr Beschwerden von den Befragten angegeben werden, desto niedriger ist der Arbeitsklima Indexwert. Mit hoch empfundener Belastung geht auch die Bereitschaft, den Arbeitgeber zu wechseln, einher3 (siehe dazu auch: Sinnstiftung und Wechselbereitschaft).
Zufriedenheitsfaktor Unternehmenskultur
Der Zufriedenheitsatlas 2025, eine repräsentative Befragung der Arbeitgeber-Bewertungsplattform kununu, leuchtet noch einen weiteren Aspekt der Arbeitszufriedenheit genauer aus: Für viele Beschäftigte spielt eine gute Unternehmenskultur eine zentrale Rolle. Wertschätzung und Anerkennung, Teamarbeit, eine offene Kommunikation, ein freundschaftlicher Umgang sowie außerdem eine funktionierende Work-Life-Balance zählen zu den fünf wichtigsten Aspekten, die eine gute Unternehmenskultur aus Sicht der Befragten ausmachen. Diese Faktoren wiegen oft schwerer als klassische Benefits wie flexible Arbeitszeiten und -orte, Weiterbildungs- oder Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Rund 58 Prozent der befragten Beschäftigten zeigen sich mit der Unternehmenskultur in ihrer Firma zufrieden. Gleichzeitig sehen viele Verbesserungsbedarf – insbesondere in Bezug auf Kommunikation und Transparenz seitens der Unternehmensführung. Knapp ein Viertel der Befragten ist hier „eher bis sehr unzufrieden“.4
Wussten Sie, dass …
… nach Branchen betrachtet die Zufriedenheit der österreichischen ArbeitnehmerInnen in Versicherungen (70,4 %), in der IT (70,4 %) und in Banken (66,2 %) am höchsten ist? Zu diesem Ergebnis kommt der Zufriedenheitsatlas 2025 von kununu.5
Sinnstiftende Berufe: Zufriedenheit im Job beginnt bei der Berufswahl
Viele junge Menschen, die heute vor der Berufswahl stehen, wünschen sich eine sinnstiftende berufliche Aufgabe. Die Berufswahl kann einen wichtigen Grundstein zur Jobzufriedenheit legen. Denn: Menschen, die ihren Beruf sinnstiftend erleben, sind nachweislich zufriedener im Job. Für die gesamte Arbeitszufriedenheit sind natürlich auch die Rahmenbedingungen entscheidend – vom Image des Arbeitgebers über das Einkommen bis hin zur Möglichkeit, Arbeitszeiten flexibel zu gestalten.
Sinnstiftung und Wechselbereitschaft
Messbar ist die Arbeitszufriedenheit – wie bereits oben kurz erwähnt – auch daran, ob Beschäftigte überlegen, ihren Arbeitgeber zu wechseln. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt auf Berufsgruppen-Ebene, dass ArbeitnehmerInnen, die ihre berufliche Tätigkeit nicht als sinnstiftend erleben, auch häufiger über einen Arbeitgeberwechsel nachdenken.
In den Berufsgruppen Bildung/Soziales und Pflege/Therapie/Assistenz etwa ist die Überzeugung, einer sinnstiftenden Arbeit nachzugehen, hoch, die Wechselneigung wiederum vergleichsweise gering. Den höchsten Wert hinsichtlich Sinnstiftung erreicht die Berufsgruppe der ÄrztInnen: Rund 85 Prozent erleben ihre Arbeit als sinnstiftend, allerdings denkt rund jedeR Fünfte fast täglich über einen Arbeitgeberwechsel nach.
Am seltensten überlegen Beschäftigte aus den Bereichen IT, Finanzen/Controlling/Versicherung und Administration/Sekretariat daran, das Unternehmen zu wechseln, allerdings zeigt sich: Nur IT-Beschäftigte erleben ihre Arbeit häufig als sinnstiftend. Zu den Berufsgruppen, die einerseits einen unterdurchschnittlichen Anteil an Beschäftigten aufweisen, die ihre Arbeit als sinnstiftend erleben und gleichzeitig am häufigsten über einen Arbeitgeberwechsel nachdenken, gehören die Berufsgruppen: Marketing/Kommunikation, Vertrieb/Verkauf und Handwerk.6
10 sinnstiftende Berufe, die nicht jedeR kennt
- BaumpflegerIn
- BildungsmanagerIn
- Datensicherheitsexperte/-expertin
- Fachkraft in der Offenen Jugendarbeit (m/w)
- KlimagärtnerIn
- Legasthenie- und DyskalkulietrainerIn
- Medienpädagoge/Medienpädagogin
- NaturraummanagerIn
- PersönlicheR AssistentIn
- TrainingstherapeutIn
Was junge Menschen heute beim Berufseinstieg suchen, zeigt eine klare Tendenz: Sinnstiftung und gute Rahmenbedingungen sind nicht nice-to-have, sondern Voraussetzung für Zufriedenheit im Beruf. Gleichzeitig verdeutlichen der aktuelle Arbeitsklima Index und andere Studien, wie stark Belastungen im Arbeitsalltag wirken und wie sehr sie die langfristige Bindung an den Beruf bzw. an einen Arbeitgeber beeinflussen. Dieser Aspekt gewinnt zunehmend an Bedeutung, denn unsere Gesellschaft wird älter – und wir arbeiten länger. Damit Beschäftigte über ein langes Berufsleben hinweg gesund und motiviert bleiben, rückt die Gestaltung gesundheitsfördernder und alter(n)sgerechter Arbeitsplätze stärker in den Fokus.
Die Zufriedenheit zeigt sich auch darin, ob Beschäftigte sich vorstellen können, bis zur Pension in ihrem Beruf durchzuhalten: „Während sich 70 Prozent der Beschäftigten, die mit ihrer beruflichen Tätigkeit zufrieden sind, durchaus vorstellen können, ihren derzeitigen Beruf bis zur Pension auszuüben, ist es bei jenen, die mittel bis nicht zufrieden sind, nicht einmal die Hälfte.“7
Zufriedenheit und Gesundheit von Mitarbeitenden gehen Hand in Hand – und bringen auch dem Arbeitgeber Vorteile: etwa eine höhere Produktivität, eine stärkere Bindung an das Unternehmen und weniger Krankheitsausfälle.
Was einen gesundheitsfördernden Arbeitsplatz ausmacht
In der betrieblichen Gesundheitsförderung lassen sich die Maßnahmen in zwei Bereiche unterteilen: verhaltens- und verhältnisorientiert.
- Verhaltensorientierte Maßnahmen richten sich direkt an die Beschäftigten und fördern ihre Gesundheit sowie persönliche Kompetenzen. Dazu zählen etwa Kurse zu Ernährung, Entspannungstechniken oder Nikotinentwöhnung, gemeinschaftliche Aktivitäten wie Lauftreffs, Angebote zur Persönlichkeits- und Teamentwicklung, Kommunikationstrainings sowie präventive Angebote wie Gesundheitschecks.
- Verhältnisorientierte Maßnahmen setzen an der Organisation selbst an, um die Arbeitsbedingungen gesundheitsförderlich zu gestalten. Dazu gehören Anpassungen von Arbeitsabläufen, neue Arbeitszeitmodelle, die Erweiterung von Entscheidungsräumen oder die Förderung von Teamarbeit. Auch Rahmenbedingungen wie ergonomische Arbeitsplätze oder gesunde Kantinenangebote tragen dazu bei. Ergänzt wird dies durch eine gesundheitsförderliche Betriebskultur (zum Beispiel Mobbingprävention) sowie durch Personal- und Organisationsentwicklung – etwa für bestimmte Zielgruppen wie Führungskräfte, Lehrlinge oder ältere ArbeitnehmerInnen.8
Altersgerechte Arbeitsgestaltung unterstützt ältere ArbeitnehmerInnen, indem die Arbeitsanforderungen an veränderte körperliche und psychische Leistungsfähigkeit angepasst werden. So werden altersbedingte Einschränkungen wie nachlassendes Sehvermögen ausgeglichen. Dieser Ansatz ist kompensatorisch. − Im Unterschied zur präventiven alternsgerechten Arbeitsgestaltung: Diese zielt darauf ab, die Arbeitsfähigkeit über die gesamte Erwerbstätigkeit zu erhalten, Unter- und Überforderung zu vermeiden und Produktivität sowie Innovationskraft zu bewahren.9 Wenn Gesundheit und Zufriedenheit stimmen, lässt sich ein langes, erfülltes Berufsleben realisieren – ein Beispiel ist Georg B.
Quellen:
1 Vgl. https://ooe.arbeiterkammer.at/service/presse/PKU_2025-12-10_Arbeitsklima-Index.pdf (2025-12-11)
2 Vgl. https://ooe.arbeiterkammer.at/service/presse/PKU_2025-12-10_Arbeitsklima-Index.pdf (2025-12-11)
3 Vgl. https://ooe.arbeiterkammer.at/service/presse/PKU_2025-12-10_Arbeitsklima-Index.pdf (2025-12-11)
4 Vgl. https://news.kununu.com/zufriedenheits-atlas-oesterreich/ und https://news.kununu.com/presseinformation/vorgesetzte-seid-offener-beschaeftigte-wuenschen-sich-bessere-kommunikation-und-mehr-transparenz-von-fuehrungskraeften/ (2025-12-11)
5 https://news.kununu.com/zufriedenheits-atlas-oesterreich/ (2025-12-11); Befragungszeitraum: 30.06.2024 bis 30.06.2025; Basis: 73.000 Arbeitgeberbewertungen; Bewertungsdimensionen Arbeitsatmosphäre, Vorgesetztenverhalten, Work-Life-Balance, Gleichberechtigung, Gehalt & Sozialleistungen
6 Vgl. https://www.iwkoeln.de/studien/andrea-hammermann-sinnstiftende-taetigkeiten-binden-mitarbeiter.html (2025-12-11)
7 https://ooe.arbeiterkammer.at/service/presse/PKU_2025-12-10_Arbeitsklima-Index.pdf (2025-12-11)
8 Vgl. https://www.gesundheit.gv.at/leben/lebenswelt/beruf/gesundheit-arbeit/betriebliche-gesundheitsfoerderung.html (2025-12-11)
9 Vgl. https://www.gesundearbeit.at/arbeitsgestaltung/alternsgerechtes-arbeiten/altersgerecht-oder-alternsgerecht (2025-12-11)