Berufslexikon Spezial: Tourismusberufe: Arbeiten, wo andere Urlaub machen
Tourismusberufe im Fokus
Marketing: Von der Urlaubssehnsucht zum Reiseplan
TourismusmanagerInnen und Marketing-ManagerInnen sind am Werk, lange bevor die Koffer gepackt werden: Sie analysieren ihre Zielgruppen genau, arbeiten das Alleinstellungsmerkmal einer Region heraus, planen Veranstaltungen und erzählen visuelle Storys auf den passenden Werbekanälen. Wird aus einer vagen Urlaubssehnsucht ein konkreter Reiseplan, war ihre Arbeit erfolgreich. Die Erfolge digitaler Kampagnen sind messbar – etwa durch Kennzahlen wie Traffic (Seitenaufrufe), Verweildauer, Klickraten oder Conversion Rate (Anteil der BesucherInnen, die z. B. eine Buchung abschließen).
Buchen: Selbst oder mit Service?
Auch wenn viele UrlauberInnen ihre Reise online buchen: Fast ein Drittel der ÖsterreicherInnen greift auf den Service von Reisebüros zurück.1 ReisebüroassistentInnen unterstützen bei der Planung − vor allem, wenn es um mehrstufige, hochwertige oder Fernreisen geht. Vielen ist nicht nur die persönliche Beratung, sondern auch der Sicherheitsaspekt wichtig. Bei Reisestörungen wie Flugausfällen oder Umbuchungen ist das Reisebüro schnell zur Stelle.
Ankommen: Willkommen im Urlaub
RezeptionistInnen sind oft die ersten Ansprechpersonen vor Ort – und prägen somit den ersten (und letzten) Eindruck: Sie sind für den Check-in und Check-out verantwortlich, koordinieren das Front Office, informieren Gäste über Aktivitäten und haben ein offenes Ohr bei Beschwerden. Hotelkaufleute sind außerdem im Back Office tätig, wo Buchungen abgewickelt, Social-Media-Kanäle gepflegt, Lagerbestände gefüllt und Dienstpläne erstellt werden. Dass die Zimmer rechtzeitig bei Ankunft der Gäste fertig sind, liegt in der Verantwortung der EtagenleiterInnen. Sie koordinieren das gesamte Housekeeping, unter anderem die Arbeit von Stubenmädchen und -burschen.
Genießen: Urlaub geht auch durch den Magen
Die Qualitätsansprüche an Service und Ambiente, Speisenqualität und -präsentation sind hoch. Vom Stress, der besonders in Stoßzeiten in der Gastronomie im Hintergrund herrscht, sollen Gäste nichts spüren. Das erfordert von Küchen- und Servicekräften Multitasking unter Zeitdruck und gegenüber den Gästen Freundlichkeit trotz hoher Arbeitsbelastung. Für einen reibungslosen Restaurantbetrieb braucht es ein starkes Team: Preise müssen kalkuliert, die Lebensmittel eingekauft, Reservierungen entgegengenommen, die Speisekarten erstellt und Abrechnungen überprüft werden. Aufgaben in diesen Bereichen übernehmen z. B. Food & Beverage-ManagerInnen oder RestaurantmanagerInnen.
Erleben: Erinnerungen schaffen, die bleiben
Ob Touren in der Natur, Entspannung im Spa, neue Stadtentdeckungen oder gemeinsame Familienabenteuer: Profis wie Bike Guides (m/w), WellnesstrainerInnen, FremdenführerInnen oder Outdoor-TrainerInnen schaffen für Gäste den Zugang zu Natur, Kultur und Bewegung und sorgen dafür, dass aus den unterschiedlichsten Urlaubsansprüchen unvergessliche Erlebnisse werden.
Nachhaltigkeit und Digitalisierung: Wir reisen bewusster und vernetzter
Die Ökologisierung und die Digitalisierung sind zwei Megatrends, die auch den Tourismus seit einigen Jahren beschäftigen und verändern. Nachhaltigkeit beginnt bereits bei der Anreise: Sowohl inländische als auch Gäste aus den Nachbarländern steigen vermehrt auf den Zug um, unterstützt durch ein wachsendes Angebot an Fern- und Nachtzugverbindungen. Ob die Bahn als attraktive Alternative zum eigenen PKW oder Flugzeug wahrgenommen wird, hängt von den Faktoren Zeit und Komfort ab – etwa hinsichtlich Fahrt- und Umsteigezeiten sowie Gepäcktransport. Vor Ort bieten viele Destinationen abgestimmte, umweltfreundliche Mobilitätsangebote – vom Bahnhofsshuttle über E-Bikes bis zum Wanderbus – und erleichtern den Verzicht auf das Auto. Das österreichische Umweltzeichen2 macht die nachhaltige Betriebsführung von Tourismusunternehmen sichtbar, Gastrobetriebe präsentieren sich verstärkt mit einem regionalen, saisonalen und Bio-Speisenangebot.
Viele Gäste urlauben umweltbewusster3, gleichzeitig wird jeder Reiseschritt digitaler: Urlaubsinspirationen bieten Influencer (m/w) mit Reels in den sozialen Medien, auch die KI-basierte Reiserecherche ist im Kommen. Große Buchungsplattformen wie Airbnb, Booking und Tripadvisor dominieren den Markt, Bewertungen und geteilte Reiseerfahrungen beeinflussen die Wahrnehmung potenzieller Gäste. Während des Aufenthalts begleiten uns digitale Services vom Self-Check-in über die digitale Gästemappe bis hin zum Augmented-Reality-Sightseeing. Digitale Tools für die Reservierung, Warenbestellung oder Abrechnung ermöglichen einen effizienten Betrieb und sind daher für die meisten Tourismusunternehmen nicht mehr wegzudenken.
Die Automatisierung bietet auch die Chance einer Entlastung für die Mitarbeitenden und ermöglicht mehr Ressourcen, um mit der Kernkompetenz des Tourismus zu punkten: die individuelle Betreuung der Gäste4 und die Schaffung von authentischen Erlebnissen, die in Erinnerung bleiben. Denn: Individualismus und Exklusivität rücken in Zeiten des Overtourism wieder ins Zentrum.
Travel Trends 2025: Darüber spricht die Branche
- Coolcation: Lust auf kühlere Temperaturen statt Sommerhitze? Der Trend zu Urlaub unter 25 Grad hat einen Namen – Coolcation, ein Kofferwort aus „cool“ (= kühl) und „vacation“ (= Urlaub).
- Destination Dupes: Dupes (Kurzform von engl. „duplicates“) sind Duplikate, also günstigere Alternativen zum Original, und vielen bereits aus dem Kosmetikbereich bekannt. Im touristischen Kontext handelt es sich bei Destination Dupes um weniger überlaufene, kostengünstigere Alternativreiseziele, die atmosphärisch berühmten Orten ähneln.
- Gig Tripping: Zum Kabarettgipfel nach Wien oder nach Paris, um die Lieblingsband live zu erleben? Gig Tripping ist ein Reisetrend, der Live-Events mit einer Reise kombiniert. Reiseanlass bzw. Highlight ist dabei ein bestimmter „Gig“, also ein Auftritt.
- Soft Travel: Abschalten und entspannen stehen im Zentrum dieses Konzepts, das aus dem Social-Media-Trend #softlife entstanden ist – als Gegenentwurf zu Stress und Leistungsdruck im Alltag.
- Set-Jetting: Zu Drehorten bekannter Filme und Serien zu reisen liegt in Zeiten von Netflix & Co. im Trend. Keine ganz neue Idee, denn Film-Tourismus gibt es in Österreich spätestens seit „Sound of Music“.
- Taste Hunting: Ob auf Street-Food-Märkten, in Haubenlokalen oder in Buschenschanken – Foodies sind immer auf der Jagd nach dem guten Geschmack, kulinarischer Genuss wird zum Reiseziel.5
Beherbergung und Gastronomie: Besonderheiten der Branche
- Die Branche ist jung.
Der Anteil der unter 25-jährigen Beschäftigten ist in der Beherbergung und Gastronomie mit etwa 17 Prozent vergleichsweise hoch. Allerdings ist der Anteil der jüngeren MitarbeiterInnen in den vergangenen Jahren gesunken, der sogenannte demografische Wandel ist also auch in der Branche spürbar. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in den Lehrlings- und SchülerInnenzahlen wider. Im Verlauf der letzten 15 Jahre haben sich die Lehrlingszahlen fast halbiert, auch wenn zuletzt sogar ein leichter Anstieg verzeichnet wurde. Gesunken sind im Vergleichszeitraum auch die SchülerInnenzahlen an den Höheren Lehranstalten für Tourismus, Hotelfachschulen und Gastgewerbe(fach)schulen.6 - Die Branche ist stark weiblich geprägt.
Fast 54 Prozent der im Tourismus Beschäftigten sind weiblich. Blicken wir nur auf die Beherbergung (ohne Gastronomie), so liegt der Frauenanteil im Jahr 2024 sogar bei knapp 60 Prozent. Unter den geringfügig Beschäftigten ist der Frauenanteil besonders hoch: 73 Prozent beträgt dieser in der Beherbergung, 58 Prozent in der Gastronomie.7
- Die Branche ist international.
Tourismusbetriebe sind auf Arbeitskräfte aus dem (benachbarten) Ausland angewiesen. Der Anteil der Beschäftigten mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft betrug in der Beherbergung und Gastronomie fast 59 Prozent (2024). Besonders stark vertreten sind Beschäftigte aus Ungarn, mit großem Abstand gefolgt von Deutschland und Rumänien.8 - Der Tourismus wächst.
Im Tourismus stehen die Zeichen nach der Corona-Pandemie wieder auf Wachstum, auch hinsichtlich der Beschäftigung. In der Beherbergung wurde das Vorkrisenniveau (2019: 96.230 Beschäftigte) bereits 2022 übertroffen, im Jahresschnitt 2024 waren 102.578 Menschen unselbstständig beschäftigt. In der Gastronomie konnte das Niveau von 2019 (124.190 Beschäftigte) im Jahr 2024 fast exakt wieder erreicht werden (124.187 Beschäftigte), nachdem es 2020 auf ca. 100.000 Beschäftigte gesunken war.9 - Der Personalbedarf ist hoch, insbesondere in der Hochsaison und zu Stoßzeiten.
Der Fachkräfte- und auch der Arbeitskräftebedarf ist in der Tourismuswirtschaft stark ausgeprägt. Hier kommen verschiedene allgemeine Ursachen wie der demografische Wandel und branchenspezifische Faktoren wie saisonale Spitzen, die für (zusätzlichen) Personalbedarf sorgen, zusammen: So haben im Zuge der Pandemie viele Menschen die Branche verlassen und sich beruflich neu orientiert. Außerdem ist die Fluktuation ohnehin hoch: Etwa ein Viertel der Beschäftigten verlässt die Branche jährlich. Hinzu kommt auch der Wunsch vieler Menschen nach einer verbesserten Work-Life-Balance (z. B. weniger Wochenend- und Abenddienste, Teilzeit). Reduzieren Mitarbeitende ihre Arbeitsstunden, braucht es wiederum auch mehr Menschen, die die Arbeitslast bewältigen. Diese ist besonders in der Hochsaison, aber auch zu Stoßzeiten hoch, sodass neben der Kernbelegschaft oft flexible und zusätzliche MitarbeiterInnen im Einsatz sind.10 - Der Tourismus ist regional unterschiedlich intensiv.
Die tourismusintensivsten Bundesländer – gemessen an Übernachtungen – liegen im Westen Österreichs: Tirol führt das Ranking mit mehr als 49 Millionen Übernachtungen von Gästen aus dem In- und Ausland an. An zweiter Stelle folgt Salzburg mit mehr als 30 Millionen Übernachtungen 2024. Der Städtereiseboom ist in den Übernachtungszahlen sichtbar: In Wien sind die Übernachtungen in den vergangenen 15 Jahren von knapp 11 (2010) auf fast 19 Millionen (2024) angestiegen.11
Diese Anforderungen sind für Tourismusberufe zentral
- Zeitliche Flexibilität & regionale Mobilität: Arbeiten, wenn andere Freizeit haben bzw. Urlaub machen, setzt die Bereitschaft zu Abend- und Wochenendarbeit voraus. Eine breitere Auswahl an ArbeitgeberInnen und mehr Entwicklungsmöglichkeiten bieten die großen Tourismusregionen. Dafür muss in vielen Fällen – zumindest saisonal oder temporär – der Wohnort gewechselt werden.
- Serviceorientierung und Kommunikationsfähigkeit: Bei vielen Berufen im Tourismus stehen die Gäste und ihre Anliegen im Mittelpunkt. Der direkte Kontakt mit den UrlauberInnen gehört zum täglichen Geschäft. Professionelle Freundlichkeit ist ein Muss – unabhängig von der eigenen Tagesverfassung.
- Fremdsprachenkenntnisse und interkulturelle Kompetenz: Zur Kommunikation mit den internationalen Gästen sind Fremdsprachenkenntnisse – allen voran Englisch – zentral. Zusätzlich punkten können MitarbeiterInnen mit Sprachbasics aus den Herkunftsländern wichtiger Urlaubergruppen: z. B. Niederländisch, Tschechisch oder Italienisch. Offenheit und Sensibilität für andere Kulturen sind darüber hinaus wichtig.
- Stressresistenz und Belastbarkeit: Wer Gelassenheit in Stresssituationen bewahren kann, ist im Vorteil. Zu Stoßzeiten geht es etwa in der Küche und im Service rund, langes Stehen, Gehen und Tragen sind zudem körperlich anstrengend.
Wussten Sie, dass …
… Koch/Köchin sowohl bei den Burschen als auch bei den Mädchen unter den Top 10 der beliebtesten Lehrberufe ist?12
… jeder Gast täglich im Durchschnitt 215 Euro im Sommer bzw. 239 Euro im Winter ausgibt?
… die Tourismuswirtschaft (inklusive der vorgelagerten Leistungen) 6,2 Prozent zum BIP beiträgt?13
Quellen:
Teaser Vgl. https://www.statistik.at/fileadmin/announcement/2025/01/20250131AnkuenfteNaechtigungenDez2024.pdf (20.6.2025)
1 Vgl. https://www.sn.at/wirtschaft/oesterreich/reisebueros-jahr-180130630 (20.6.2025)
2 Vgl. https://www.umweltzeichen.at/de/tourismus/nachhaltiger-tourismus (20.6.2025)
3 Vgl. https://www.statistik.at/services/tools/services/publikationen/detail/2061 (20.6.2025)
4 Vgl. https://forschungsnetzwerk.ams.at/dam/jcr:95d91f19-0ce3-4358-b997-175952f86d2b/AMS_report_147_-_New_Digital_Skills.pdf (20.6.2025), https://forschungsnetzwerk.ams.at/dam/jcr:8bd5a37a-939a-456b-814b-ae5065b27dc9/2022_Branchenreport_Tourismus_AMS-ibw.pdf (20.6.2025)
5 Vgl. https://www.austriatourism.com/tourismusforschung/tourismusausblick/ (20.6.2025)
6 Vgl. https://forschungsnetzwerk.ams.at/dam/jcr:8bd5a37a-939a-456b-814b-ae5065b27dc9/2022_Branchenreport_Tourismus_AMS-ibw.pdf (20.6.2025)
7 Vgl. https://www.dnet.at/bali/Datenbank/DB_Be.aspx, eigene Berechnung (20.6.2025)
8 Vgl. https://www.dnet.at/bali/Datenbank/DB_Be.aspx, eigene Berechnung (20.6.2025), https://forschungsnetzwerk.ams.at/dam/jcr:8bd5a37a-939a-456b-814b-ae5065b27dc9/2022_Branchenreport_Tourismus_AMS-ibw.pdf (20.6.2025)
9 Vgl. https://www.dnet.at/bali/Datenbank/DB_Be.aspx, eigene Berechnung (20.6.2025)
10 Vgl. https://forschungsnetzwerk.ams.at/dam/jcr:8bd5a37a-939a-456b-814b-ae5065b27dc9/2022_Branchenreport_Tourismus_AMS-ibw.pdf (20.6.2025)
11 Vgl. https://www.wko.at/statistik/jahrbuch/tourismus-bundeslaender.pdf (20.6.2025)
12 Vgl. https://www.wko.at/zahlen-daten-fakten/daten-lehrlingsstatistik (20.6.2025)
13 Vgl. https://www.wko.at/oe/tourismus-freizeitwirtschaft/key-facts-tourismuswirtschaft.pdf (20.6.2025)